Wie ich meinen Hund zum Balljunkie gemacht habe

Heute erzähle ich euch mal etwas persönliches. Diejenigen, die mich und meine Hunde kennen, wissen, wir sind alles andere als perfekt. Um Alma, das Pubertier, das sich momentan in den Gruppenstunden öfter mal von ihrer lauten Seite zeigt, geht es heute mal nicht

Heute geht es um Zuri, die treue Seele, die meistens einfach nur lieb ist. Wenn ich in den Welpenstunden frage, wie ihr euch euren künftigen Begleiter vorstellt, wird nicht selten auf Zuri gezeigt. Und zwar so lange, bis Spielzeuge ausgepackt werden – denn dann wird Zuri penetrant.

Es ist schon ein paar Jahre her, wir waren mit dem kleinen, pummeligen Welpen Zuri in einer Hundeschule. Wir waren ambitioniert, wollten, dass sie jederzeit abruf- und stoppbar wird. Dafür, so sagte man uns, sollten wir sie auf einen Ball heiß machen, um diesen später fürs Training zu nutzen. Zunächst interessierte Zuri sich gar nicht für das Spielzeug, auch nicht, wenn es sich bewegte. Wir gaben nicht auf.

Irgendwann, Wochen später, war sie heiß auf den Ball, und das Training begann. Ich war so stolz, als sie sich aus dem vollen Lauf hinter dem Ball her abrufen und stoppen ließ. Was sich langsam jedoch abzeichnete war, dass sie den Ball nicht als das sah, was er sein sollte, nämlich als Trainingsmittel, sondern er war längst ihre Sucht geworden.

Als sie perfekt abrufbar und jederzeit zu stoppen war, auch am Wild, etc., haben wir den Ball also aus unserem Leben entfernen wollen. Da haben wir jedoch die Rechnung ohne den nahegelegenen Tennisplatz gemacht…

Der Tennisplatz versorgt uns zwangsläufig weiterhin täglich mit mehreren Fundstücken. Zuri wusste schnell, wie Tennisbälle aussehen und riechen, und sie findet heute noch jeden einzelnen, egal, wie dicht die Hecke ist, oder wie weit er unter der Erde verbuddelt liegt. Sie reagiert sogar auf große, gelbe Blumen.

Der Ablauf ist immer folgender: An ihrer Körperspannung wird deutlich, sie wittert einen Ball. Sie ist in dem Moment kaum mehr ansprechbar, haut ab, versucht, ihn alleine zu finden. Wenn sie Hilfe braucht, denn in Dornen oder Brennnesseln geht sie nicht gern, bleibt sie stehen und schaut abwechselnd zu der Ballstelle und zu ihrem auserwählten menschlichen Komplizen, ist nervös, fiept. Sie gibt nicht auf, bis sie das Objekt der Begierde besitzt. Hat sie es, trägt sie es stolz umher und legt es alle paar Meter auf dem Boden ab, sich davor, starrt abwechselnd auf Hände und Füße und den Ball, ein Blick wie auf Droge, der sagt: „Los, wirf, bitte, wirf, nur einmal!“.

Wenn sie das in den Gruppenstunden bei KundInnen tut, finden viele das sehr niedlich. Manche gehen auch darauf ein und spielen mit ihr. Jedes einzelne Mal ist sie high. Einen Hund, der high ist, kann man nicht so gut ansprechen. Ihre Sucht erstreckt sich inzwischen, auch wenn wir diese nie genutzt haben, auf quietschende Spielzeuge. Sie verliert sich in diesen Momenten fast vollständig.

Nun ist Zuri ein gelassener Hund, bei dem man diesen Fehler ausbügeln, wenn nicht managen kann. Wir verhalten uns vorausschauend, wenn irgendwo mit Bällen gespielt wird, und können sie gut im Gehorsam halten. Das Endergebnis ist, dass sie wesentlich besser von Wild abrufbar ist als von Bällen, was ungewöhnlich ist. Es ist aber schon anstrengend. Sie so weit zu bringen, war einfach unnötig.

So etwas mit einem Hund zu machen, der entsprechend veranlagt ist, kann im Zweifel schwere Schäden anrichten. Zum Beispiel beim Jogger, den der Hund beim wilden Hetzen vom Rad holt, oder beim Kind, dessen Fahrradhelm mit einem Ball verwechselt wird.

Ich sage euch also aus eigener, leidvoller Erfahrung: Macht euch das Leben nicht unnötig schwer, lasst es einfach sein.