Die Welpensaison beginnt. Und damit häufen sich Anrufe verzweifelter Welpeneltern, die mit ihrem kleinen Wirbelwind überfordert sind. Ich liebe es, Hunde von Welpenbeinen an zu begleiten. Meinen Beitrag zu leisten, dass tolle Teams entstehen. Mit Mythen aufräumen, Verständnis und Miteinander fördern, für Klarheit einstehen. Erklären, begleiten, unterstützen.
Es fällt mir schwer, etwas herauszugreifen, das am wichtigsten ist, denn eigentlich alles, was ihr tut oder nicht tut, ist für eure Beziehung wichtig. Neulich kam ich von einem Hausbesuch, bei dem es darum ging, ob eine Familie ihrem Welpen gerecht werden kann. Eine motivierte, engagierte, nette Familie mit viel Willen, das Projekt zu wuppen. Ein aufgeweckter, cleverer Welpe, der direkt mein Herz eroberte. Trotzdem große Zweifel. Weil die Vorstellungen andere waren, man nicht ausreichend vorbereitet war. Nach zweieinhalb Wochen lagen die Nerven blank, die Meinungen, wie man agiert, gingen auseinander. Jeden Tag wurde etwas anderes ausprobiert. Mal grob, mal zart, mal laut, mal leise. Es herrschte mächtig Stimmung. Ein kleiner Hund, unfreiwillig im Krieg gegen seine Familie. Einer tat etwas richtiges und vereinbarte einen Termin.
Keine Vorbereitung ist perfekt. Es kommt ein Individuum in euer Leben. Selbst wenn ihr schon Hunde hattet, dieser Welpe wird anders sein, sich verhalten wie kein anderer zuvor, und ihr werdet Fragen haben. Das ist ganz normal. Atmet durch, informiert euch und macht euch vor allem bewusst, dass ihr ein Lebewesen in eure Obhut genommen habt, das Unterstützung braucht, weil alles, was wir tun und möchten, böhmische Dörfer sind. Schreibt euch als erstes auf die Fahne, dass ihr FAIR und wohlwollend mit diesem Wesen umgehen wollt! Fair ist es nicht, zu denken, dass der Welpe schon verstehen wird, was ihr NICHT wollt, während er nicht mal weiß, was ihr wollt. Dieses kleine Wesen tut nichts, um euch zu ärgern, es verhält sich, wie Hunde sich verhalten. Euer Job ist es, eine gemeinsame Sprache zu finden.
Wenn du dich für einen Welpen entscheidest, steht eine aufregende Zeit bevor. Ich finde realistische Erwartungen an das neue Familienmitglied enorm wichtig. Deswegen fasse ich hier einmal zusammen, was ein Welpe bei Einzug (klassischerweise ist er zu dem Zeitpunkt 8-12 Wochen alt) „kann“:
- Dein Welpe kann dich binnen weniger Sekunden lesen und einschätzen.
- Es zieht nicht nur ein kleines Tier bei dir ein, sondern schon eine echte, ernstzunehmende Persönlichkeit.
- Dein Welpe wird kommunzieren, wie Hunde es tun – mithilfe seines Körpers. Dinge mit dem Maul erkunden, seine Zähne, Krallen und Stimme benutzen.
- Er ist in der Lage, Futter und Wasser aufzunehmen, sich zu merken, wo er dieses findet. Er hat Milchzähne und einen kräftigen Kiefer, ist in der Lage zu kauen. Er kann eigenständig verdauen und ausscheiden.
- Welpen sind sehr neugierig und erkunden meist nach kurzem Zögern ihr neues Zuhause. Das tun sie mit allen Sinnen und Werkzeugen, die sie besitzen.
- Schnell wird dein Welpe über einen Plan verfügen. Über dich, andere Bezugspersonen, Nachbarn, Haus, Garten, Treppenhaus, Artgenossen und andere Tiere in eurer Hood.
- Evtl. wird er an Untergründe gewöhnt sein, auf denen er bevorzugt sein Geschäft verrichtet. Gibt es diese bei dir auch, wunderbar. Wenn nicht, wird euch eine Umgewöhnung wahrscheinlich erstmal fordern.
- Mit viel Glück wurde er an einen Schlafplatz gewöhnt, den du auch zur Verfügung hast, und kann dort gut zur Ruhe kommen. Manche Züchter konditionieren ein Rückrufsignal, das du weiter festigen kannst.
Was ein Welpe nicht kann
Verglichen mit gleichaltrigen Menschen ist ein Welpe enorm weit entwickelt und selbständig, ein Wunder der Natur. Trotzdem fällt mir immer wieder auf, dass Menschen, die zum ersten Mal einen Welpen bekommen, andere Erwartungen haben, bzw. sich mehr erhoffen. Befeuert werden diese Vorstellungen nicht selten von den Verkaufsargumenten der Zuchtstätte. An meiner Liste dürft ihr euch gern beteiligen, ich erhebe keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Nicht erwarten von einem Welpen kann man, dass…
- … er stubenrein ist (weiß, wo er sein Geschäft verrichten soll und sich eigenständig meldet, wenn er muss).
- … die Beißhemmung bereits vorhanden ist.
- … er seine Impulse im Griff hat, z.B. nicht hinter Bewegungsreizen herrennt oder Menschen anspringt.
- … er allein bleiben oder nachts getrennt von Bezugspersonen oder Artgenossen schlafen kann.
- … er weiß, welche Gegenstände im Haushalt tabu sind und welche ihm zur freien Verfügung stehen
- … er weiß, was zum Beispiel Nein oder Aus bedeuten. Das gilt für alle Worte, die wir sagen. Selbst seinen Namen hat er evtl. noch nicht sicher gelernt. Er reagiert auf Ansprache, Blickkontakt, Stimmung, Lautstärke, Körpersprache, aber die Vokabeln hat er in der Regel in den ersten Tagen noch nicht vollends verstanden. Es bringt also nichts, ihm Vokabeln um die Ohren zu schleudern, deren Bedeutung er noch gar nicht kennt.
- … wenn man ein paar Mal das Glück hatte und er auf Ruf gekommen ist, dieser Rückruf künftig in allen Situationen funktioniert.
- … er weiß/spürt, was potentiell für ihn gefährlich ist (Kabel, Glasscheiben, Kerzen, Giftpflanzen, etc.).
- … er problemlos im Auto mitfahren kann.
Alles, bzw. das meiste davon darf eurem Fellkind mit viel Liebe, Konsequenz und Geduld beigebracht werden. Bitte habt Verständnis mit eurem neuen Familienmitglied und helft ihm dabei, sich in eurer Welt zurechtzufinden.