Methoden, Ideologien, etc.

Neulich ab es wieder eine Menge Aufregung, weil ein bekannter TV-Hundetrainer bei einem Hund mit Ressourcenaggression Wasser „zur Strafe“ eingesetzt hat. Ich habe die Folge nicht gesehen, und somit keine Meinung, ob ich die Strafe gut gewählt, situationsangemessen/gut getimed oder sonst etwas finde. Wozu ich gern etwas sagen möchte, sind das Thema Strafen und die Stimmen der „rein positiv Trainierenden“.

Ja, einen Hund mit Wasser zu unterbrechen, ist eine positive Strafe im lerntheoretischen Sinne. Ich füge etwas Unangenehmes hinzu, damit der Hund sein Tun unterbricht und in Zukunft seltener zeigt. Was ein Hund unangenehm findet, entscheidet der Hund. Bevor wir uns über Strafen empören, sollten wir uns bewusst machen, dass der Begriff bei uns Menschen moralisch gefärbt ist. Wenn ich meinen Hund bei einer unerwünschten Handlung unterbreche, indem ich ihn z.B. antippe oder „Hey“ sage, ist das ebenfalls eine positive Strafe im lerntheoretischen Sinne, und wird von „rein positiv arbeitenden TrainerInnen“, ebenso wie körpersprachliche oder körperliche Begrenzungen abgelehnt.

Ja, es ist wichtig, eine Entscheidung zu treffen, ob und welche Unterbrechungen/Korrekturen/Strafen für dich und deinen Hund vertretbar und sinnvoll sind. Genauso in Ordnung ist es, jegliche Form von Strafe für sich abzulehnen. Was jedoch in meinen Augen nicht in Ordnung geht ist es, seinem Hund keine soziale Rückmeldung darüber zu geben, dass sein Verhalten gerade nicht angemessen ist. Hunde, die in dem Moment, in dem sie unerwünschtes Verhalten zeigen, mit Leckerchen oder Spielzeug bestochen werden, damit sie ihr Verhalten einstellen, wissen gar nicht, dass ihr Verhalten unerwünscht ist.

Am frechsten, und deswegen schreibe ich für euch, finde ich, dass wir TrainerInnen, die positive Strafe nicht per se verteufeln, als „nicht nach den aktuellen Erkenntnissen der Wissenschaft ausgebildet“ betitelt werden. Nun ja, wenn ihr schauen wollt: #Kynologisch – dort wurde ich ausgebildet. Ausgewählt habe ich diesen Anbieter, weil er wissenschaftlich fundiert ausbildet. Nicht, weil dort arme Hunde verhauen werden.

Und ich kann mir auch nicht verkneifen darauf hinzuweisen, dass enorm mit der Angst der Menschen gespielt wird, etwas falsch zu machen. Stell dir vor, du strafst deinen Hund, und in diesem Moment fällt Laub vom Baum. Dein Hund könnte den Rest seines Lebens Angst vor Laub haben. Ein Hund, der von mir korrigiert wird, der bekommt in dem Moment so ziemlich alles mit, aber herunterfallendes Laub vermutlich eher nicht. Ein Hund, der zum Beispiel leinenaggressiv ist, wird beim Anblick eines entgegenkommenden Artgenossens nicht den Bruchteil einer Sekunde Laub wahrnehmen. Es wird ein Drama gemacht um Dinge, die selbstverständlich sind. Ich möchte auch meinen Mitmenschen einfach mal sagen dürfen: „Hör doch mal auf, das stört“. Warum sollte ich mit meinem Hund anders umgehen?

Bei mir gehört die Wasserpistole nicht zur Standardausrüstung, und ich laufe auch hin und wieder mit leinenaggressiven Hunden klickernd durch Parks, wenn es erfolgversprechend ist. Das nennt sich Methodenoffenheit, etwas, das ich gelernt habe, und was meine Arbeit so wundervoll bunt macht.