Bestimmt ist sie dir auch im Bereich Hundetraining schon mal begegnet: Werbung, die zumindest unterschwellig negative Gefühle wie Angst oder Scham erzeugt, um auf sich aufmerksam zu machen. Oder – andersherum – schöne Bilder malt: Vom freilaufenden Jagdgebrauchshund, süß Fellpopo oder ähnliches genannt, am Fahrrad auf weiter Flur im Sonnenuntergang. Oder von einem Kleinkind, das offensichtlich selbst erst seit ein paar Wochen laufen kann, und nun mit einem großen Hund an lockerer Leine durch die Welt stolziert. „Wenn sie es kann, kannst du es auch!“ lautet die Botschaft. In deinem Bauch tut sich was. Wunderbar, denn es folgt direkt die Lösung: mit wenig Aufwand und für kleines Geld kannst du sie kaufen, die ultimative Lösung für ein sorgenfreies Miteinander. Die ganz anders ist als alle anderen – na klar!
Infos zum Training, Methodik, Aufbau, Zeitaufwand, usw. gibt es meistens nicht. Manchmal nicht mal eine Preisangabe. Man soll ich in Wartelisten eintragen. Klar, auf so etwas Besonderes muss man natürlich warten.
Es wäre mir egal, würden solche Werbestrategien nicht derart ungesunde Bilder und Vorstellungen erzeugen, die fernab jeglicher Realität liegen. Beispiele, die mir in letzter Zeit aufgefallen sind: „Bei mir bekommst du alles, was du wissen musst, in 1,5 Stunden“, „Nach einem gratis Webinar wird dein Hund das Jagen einstellen.“ Suggeriert: Wer mehr investiert, ist dumm, hat zu viel Zeit und Geld, wird verarscht. Nur einer macht alles richtig! Zu dem müsst ihr gehen, auf den habt ihr gewartet!
Falls jemand es noch deutlicher braucht, bin ich eben der Spielverderber: Niemand bucht einen Gruppenspaziergang, hat ausschließlich Spaß und danach für den Rest seines Hundemenschenlebens keine Schwierigkeiten mehr mit seinem Hund. Ebenso keiner macht einen gratis Onlinekurs und kann danach seinen jagenden Hund sorgenfrei überall frei laufen lassen.
Solche Werbung überschreitet meine Grenzen, nicht nur, weil reichlich fachlicher B*llsh*t propagiert wird, sondern vor allem, weil die Arbeit aller ehrlich arbeitenden Hundemenschen abgewertet wird. Natürlich trägt jeder die Verantwortung für seinen Konsum, aber als Hundetrainerin bin ich doch verpflichtet, realistische Bilder und Erwartungen zu fördern.
Die Erziehung von Hunden ist und bleibt ein Prozess und bedeutet vor allem Beziehungsarbeit, die Zeit und Raum benötigt. Arbeit, die Fehler zulässt, ausprobiert, geduldig und wohlwollend ist. Die mal trennt und wieder verbindet und die Beteiligten wachsen lässt. Wärs nicht schade, das nicht entwickeln zu sehen und sich einander mehr und mehr anzunähern? Also, ich finde schon!